Köck: Fokus auf Werkstatt und Nachhaltigkeit

Ehrlich, nicht beschönigend und doch hoffnungsvoll: Reinhard Köck, Juwelier aus der Wiener Innenstadt, gibt seine Einschätzung der aktuellen Lage.


Blickpunkt Juwelier: Herr Köck, wie halten Sie derzeit Kontakt zu Ihren Kunden?

Reinhard Köck: Wir haben den Kontakt zu unseren Kunden in drei Teilen gegliedert. Erstens ein Kontakt mittels Telefongespräch und E-Mail. Dies geschieht auf sehr persönliche und familiäre Weise. Zweitens gibt es unseren Online-Shop. Drittens versuchen wir unseren Kunden mit handschriftlichen Briefen unsere Situation darzustellen und sehr offen über die aktuellen wirtschaftlichen Probleme eines Familienbetriebes zu verweisen.

BJ: Apropos Online-Shop, wie haben sich die Click- und Verkaufszahlen entwickelt?

Köck: Nach der Schließung des Geschäftes entwickelten sich die Online-Verkäufe nicht besser. Eigenartig! Möglicherweise sind die Kunden mit anderen Themen und Sorgen belastet.

BJ: Haben Sie die Werkstatt offen?

Köck: Unsere Mitarbeiter der Goldschmiede-Werkstatt arbeiten weiter, haben allerdings keinen Kundenkontakt.

BJ: Welche Konsequenzen haben Sie als Inhaber gezogen?

Köck: Wir haben für unser Verkaufspersonal Kurzarbeit beantragt. Andere Maßnahmen werden gerade evaluiert. Unsere Hausbank hat sich uns angeboten, wir haben aber im Moment keinen Gebrauch gemacht.

BJ: Wie nutzen Sie Ihre Zeit derzeit?

Köck: Ich beschäftige mich schon mit der Zeit nach der Krise. Da gibt es viele Punkte. Obwohl man derzeit keinen Zeitrahmen kennt, glaube ich, ist es wichtig, für den Zeitraum der kommenden 12 Monate weiterzudenken. Ein großes Asset wird bei uns in Zukunft sein, unsere Kapazität in der Werkstatt noch mehr auszubauen und auf noch mehr Nachhaltigkeit zu setzen. Zudem arbeiten wir an einer Werbestrategie „post Corona“. Auch stellen wir uns tagtäglich die Frage: Was können wir aus dieser Pandemie lernen bzw. wie werden sich unsere Lieferanten – besonders die prestigeträchtigen Uhrenlieferanten – verhalten?

BJ: Wie lange halten Sie durch?

Köck: Es ist sehr schwierig, einen genauen Zeitrahmen zu nennen, aber durch unsere konservativ gestaltete Wirtschaftlichkeit unseres Betriebes wird es uns gelingen, eine größere Zeitspanne durchzutauchen. Entscheidend ist die Frage, wie lange der Shutdown dauern wird. Aber auch die Zeit danach wird eine sehr spannende und schwierige werden. Ich denke, so gegen Ende des Jahres könnte sich eine kleine Entspannung einstellen. Bei den lokalen Kunden wird das etwas schneller geschehen als bei der touristischen Kundschaft. Im Touristengeschäft wird es größere Einbußen geben.

BJ: Haben Sie Krisen-Tipps für Ihre Kollegen?

Köck: Seien Sie mutig! Auch wenn es uns zur Zeit sehr schwer fällt! Denn das Wichtigste ist und bleibt unsere Gesundheit.

 

In der Serie “Wir fragen – Sie antworten” sind bisher folgende Beiträge erschienen:

• „Nicht jammern und negative Stimmung verbreiten – machen!“: Juwelier Marcus Broszio

• Hat seine Optiker- und Goldschmiede-Werkstatt wieder für „Notfall-Service“ geöffnet: Holger Steidinger

• Bleibt freiwillig in Quarantäne, bis der „Spuk vorbei ist“: Goldschmied Robert Bensch

• Nutzt die Zeit zum Auffüllen des Lagerbestands und zum Ausmisten seiner Werkstatt: Goldschmied Gebhard Klarer

• Fokus in die Zukunft – bietet Gutscheine für die Zeit danach an: Simone Stadler

• Nutzt die Corona-Krise für einen Umbau: Kathrin Stahl

• Fertige Reparaturen selbst an Kunden ausliefern? Neue Wege sucht Guido Vetter

• Bringt seine beiden Webshops auf Vordermann: Goldschmied Patrick Schell

• Setzt auf die Beratung per Video-Chat: Juwelier Christian Adolph

• Hofft, dass die Soforthilfe auch sofort kommt: Uhrmachermeister Ayman Reda

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