Gestern hatte Guido Vetter abends gerade mal 10 Euro in der Kasse. Aber was ihn besonders sauer macht, sind die Krisen-Aussagen vieler Politiker.

Guido Vetter, Inhaber von Juwelier Rothe in Siegburg (NRW) erzählte „Blickpunkt Juwelier“, wie es derzeit um sein Geschäft bestellt ist: „Ich versuche über Social Media mit meinem Geschäft weiterhin auf mich aufmerksam zu machen, jeden Tag erneut.“ Die hauseigene Werkstatt sei weiterhin geöffnet, denn im NRW-Erlass stehe, dass Handwerksbetriebe arbeiten dürfen. Reparaturen werden durch den Nebeneingang angenommen und fertige Reparaturen abgegeben. Auch bereits bestellte und angezahlte Ware wird über diesen Weg abgegeben. Mit Distanz!

Vetter: „Es gibt Tage, an denen habe ich noch halbwegs Umsatz in der Kasse. Doch gestern waren es gerade einmal 10 Euro. Ich überlege jetzt, ob ich fertige Reparaturen direkt an den Kunden ausliefere, die sich derzeit nicht aus dem Haus trauen.“

Kurzarbeit hat der Juwelier längst beantragt. Doch die KfW-Kredite und Stundungsangebote sieht er eher kritisch, da diese die „Probleme“ nur in die Zukunft verlagern und nicht lösen würden. Denn ohne Umsatz könnten keine Kredite bedient werden. Und der Umsatz sei weg und werde nicht aufgeholt werden können. „Später entsteht durch die Abtragung von Krediten und Stundungen nur eine zusätzliche Belastung zum normalen Alltagsgeschäft. In diese Situation möchte ich nicht geraten“, sagt Vetter.

Etwa zwei bis drei Monate könne er die derzeitige Situation durchhalten. Dann seien die geschäftlichen liquiden Mittel wohl aufgebraucht, inkl. der Rücklagen auf den Goldkonten. Auf Dauer geht es so nicht weiter.

Aber aufgeben gibt´s nicht: „Durchhalten, soweit es möglich ist, auf sich aufmerksam machen und legale Nischen suchen und nutzen, um zu überleben“, lautet Vetters Devise. Und zumindest den Antrag auf Soforthilfen stellen, auch wenn die anscheinend in einigen Bundesländern erhebliche Fallstricke beinhalte. Vetter weiter: „Da wird vollmundig verkündet, man werde die Wirtschaft nicht im Stich lassen und dieser mit umfassenden Maßnahmen zur Seite stehen. Aber diese Hilfe kommt kaum an. Da werden schnelle und unbürokratische KfW-Kredite angekündigt, fast zu 0 % und diese seien schnell abrufbar. Ich habe noch keinen mir bekannten Unternehmer gesprochen, der auf diesem Weg unbürokratisch und zu solchen Konditionen einen KfW-Kredit erhalten hat.“ Im Gegenteil. Die Beantragung laufe über die Hausbank, mit dem ganz normalen Antragsprozedere und allen Prüfungen. Und da komme kein Zinssatz mit einer „Null“ vor dem Komma raus.

Die ganzen Statements seien bisher mehr Schall und Rauch als wirkliche konkrete Hilfe. Auch das „Soforthilfe“-Programm mit 9.000 bzw. 15.000 Euro beinhaltete bei einigen Ländern wohl etliche Fallstricke im Antrag. In Baden-Württemberg müssten erst alle liquiden eigenen Mittel aufgebraucht sein, damit dieser Finanzzuschuss rechtmäßig gewährt werde. Vetter: „Unternehmen sollen sich hier quasi erst an den Rand der Insolvenz bringen, bevor man ihnen hilft. Ansonsten wird die „Subventionsbetrugs-Keule“ geschwungen. Es ist für mich unfassbar, wie die Politik hier mit uns umgeht, aber in deren Außendarstellung wird alles durch die rosa Brille gezeichnet.“

Serie:

In der Serie „Corona-Krise: Wir fragen – Sie antworten!“ sind bisher folgende Beiträge erschienen:

„Nicht jammern und negative Stimmung verbreiten – machen!“: Juwelier Marcus Brosizo

Hat seine Optiker- und Goldschmiede-Werkstatt wieder für „Notfall-Service“ geöffnet: Holger Steidinger

Bleibt freiwillig in Quarantäne, bis der „Spuk vorbei ist“: Goldschmied Robert Bensch

Nutzt die Zeit zum Auffüllen des Lagerbestands und zum Ausmisten seiner Werkstatt: Goldschmied Gebhard Klarer

Fokus in die Zukunft – bietet Gutscheine für die Zeit danach an: Simone Stadler

Nutzt die Corona-Krise für einen Umbau: Kathrin Stahl

Fertige Reparaturen selbst an Kunden ausliefern? Neue Wege sucht Guido Vetter

Bringt seine beiden Webshops auf Vordermann: Goldschmied Patrick Schell