Der Kampf um die Smartwatch

Praktisch, multifunktional, überflüssig – was ist jetzt mit der Hightech Uhr? Und welche Rolle wird der Fachhandel dabei spielen? Lange schon gab es Gerüchte: Letzten September verkündete Apple dann den Launch der Apple Watch Anfang April. Damit wurde der Grundstein für viele Prognosen und zahlreiche Ängste gelegt. Auch der Uhrenfachhandel ist von dieser Diskussion betroffen.

Über keine Uhr wurde bisher so häufig in den Medien berichtet und selten wurde ein Zeitmesser so gespannt erwartet, wie die Apple Watch. Nun steht der Launch kurz bevor: Ab Anfang April soll die Uhr international erhältlich sein und im ersten Quartal sollen laut Aussage des Unternehmens bereits 2,8 Millionen Exemplare verkauft werden. Aufgrund dieser Zahlen ist bei den Juwelieren leichte Nervosität zu spüren. Denn dieses Geschäft wird klar an ihnen vorübergehen. Lizenzen werden nur an Mobilfunkanbieter und Elektronikläden vergeben.
Auf der Mobile World Congress, der Leitmesse der Mobilfunk- und Kommunikationsbranche in Barcelona, auf der Apple nicht vertreten war, stellten Elektrogiganten wie LG ihre neuen Smartwatches vor. Dies hat die Diskussion in der Branche erneut entfacht. Für traditionelle Uhrenhersteller ist das Thema Smartwatch ein sehr emotionales, den Uhrenkonzernen könnte viel Geld entgehen. Nun wird händeringend nach fachhandelsgerechten Alternativen zur Apple Watch gesucht. Die Angst vor dem Produkt aus Cupertino hat auch etwas Gutes. Die Branche muss umdenken und viel wichtiger – schnell reagieren. Viele Hersteller bereiten sich bereits vor und arbeiteten intensiv an einer Alternative für den Fachhandel.
Die mögliche Antwort des Fachhandels auf die Smartwatch


Casio – hat die Smarter Watch


Casio ist hier ein Vorreiter. „Wir haben die Antwort für den Fachhandel auf die Smartwatch ­– die Smarter Watch“, sagt Kai-Christian Helms, Marketingleiter Europe bei Casio. Das japanische Unternehmen hat die Edifice EQB-500 entwickelt und letztes Jahr im Herbst erstmals auf der IFA 2014 Messe in Berlin vorgestellt. Die Uhr wurde im Weihnachtsgeschäft zum Bestseller der Edifice-Linie. Auf der Inhorgenta wurde bereits die zweite Generation, die Edifice EQB-510, präsentiert. Sie ist ein Hybrid und eine intelligente Lösung für den Juwelier. Optisch unterscheidet sich die Uhr kaum von einem klassischen Zeitmesser, betrachtet man jedoch den Funktionsumfang so wird deutlich, dass die Edifice weit mehr kann, als nur die Zeit anzuzeigen. Die Uhr ist mit einemPhonefinder, Neo Display, Solarbetrieb und einer Wasserdichtigkeit bis zu 10 Bar ausgerüstet. In erster Linie ist sie eine analoge Uhr, via Bluetooth lässt sich die Edifice mit dem Smartphone verbinden und über eine speziell entwickelte Casio-App steuern. Dadurch werden Features, wie eine Weltzeit-Einstellung und Geschwindigkeitsanzeige ermöglicht. Für Vielreisende werden vor allem die integrierte Weltkarte und die Zweite Zeitzone interessant sein.

Breitling – die erste Connected Uhr

2014 hat Breitling das Kaliber B50 präsentiert, ein elektronisches Multifunktionschronographenwerk mit analoger und digitaler Anzeige. Dieser Motor bietet Piloten eine breitgefächerte Palette an Funktionen mit Bedienungs- und Lesekomfort. Der Chronograph sollte auch den Weg für weitere avantgardistische Entwicklungen bereiten. Nun lancierte Breitling die B55 Connected, einen Chronographen, der sich mit dem Smartphone verbinden lässt.

Breitling möchte nicht ganz auf den Smartwatch-Zug aufsteigen. Für das Unternehmen steht außer Frage, dass die Uhr zu einer reinen Erweiterung eines per Definition leistungsstärkeren Telefons zu machen. Der Chronograph bleibt das Kernelement und die Koppelung an ein Smartphone dient in erster Linie einer optimierten Nutzerfreundlichkeit. Die B55 Connected verfügt über eine breitgefächerte Palette an Funktionen, die dem ultimativen Instrument für Piloten konsequent entsprechen. Dazu gehören ein elektronischer Tachometer, ein «Countdown/Countup»-System mit Rückwärtszähler und Langzeit-Zeitmesser (Mission Elapsed Time) sowie eine speziell auf die Aeronautik ausgerichtete «Chrono Flight»-Vorrichtung, die es ermöglicht, Flugzeiten zu erfassen und die Abflug- und Landezeit sowie das Datum zu speichern. Dank einem Mini-Akku erfolgt das Aufladen über das Stromnetz oder über die USB-Buchse eines Computers.


Montblanc – das Beste aus beiden Welten


Im Bereich der Luxusuhren stellte Montblanc in Genf bereits eine elegante Alternative zur Apple Watch vor. Mit der Einführung des Time Walker Urban Speed e-Strap vereint Montblanc ein hochfunktionales e-Strap mit den modernen Time Walker-Zeitmessern. Bei dem Gerät handelt es sich um ein Karbon-beschichtetes Uhrenlederarmband mit einem integrierten, berührungsempfindlichen OLED-Bildschirm. Der Gedanke dahinter ist, einen klassischen Zeitmesser zu tragen und zugleich alle Vorteile der Smartwatch zu nutzen. Montblanc denkt mit seiner innovativen Idee sehr zukunftsorientiert, denn eine hochpreisige Uhr möchten viele Uhrenfreunde ihr Leben lang tragen. Veraltet das Betriebssystem, muss nur das Armband getauscht werden. Durch eine Smartwatch-Funktion im Armband erhält der Konsument das Beste aus beiden Welten. Je nach Nutzung muss das Device alle fünf Tage mit einem gewöhnlichen Mikro-USB-Kabel wieder aufgeladen werden. Der kleine Computer wird unter anderem Funktionen, wie intelligente Benachrichtigungen und einen Activity Tracker enthalten.


Frédérique Constant & Alpina – Brücke zwischen Silicon Valley und Traditionshandwerk


Alpina und Frédérique Constant wollen eine Brücke zwischen Silicon Valley und dem Traditionshandwerk schaffen. Der Konzern stellt zeitgleich mit der Messe in Barcelona seine Pläne für eigene Smartwatches vor. Insgesamt soll es zehn verschiedene Ausführungen für Männer und Frauen geben. Der Konzern nutzt hierbei das Schweizer Uhren Know-how und kombiniert es mit Silicon-Valley-Technologie. Für die Smartwatches wurde eigens die Firma MMT (Manufacture Modules Technologies) in Genf gegründet. Kooperiert wird auch mit dem Softwareentwickler MotionX, der bereits für Nike verschieden Apps entwickelt hat. Durch die in der Schweiz sitzende MMT dürfen die Uhren weiterhin das prestigeträchtige Swiss Made Siegel tragen. Die Smartwatch von Frédérique Constant soll bereits diesen Juni auf den Markt kommen.
Die geplanten Hightech-Uhren werden kein digitales Display haben, sondern Informationen in analoger Form darstellen. Alpina-Chef Guido Benedini meint: „Unsere Horological Smartwatch ist nicht weniger als eine Revolution für die Schweizer Uhrenindustrie, denn sie erweitert das Konzept der traditionellen Handwerkskunst und des traditionellen Designs auf die gegenwärtigen Bestrebungen, den persönlichen Lebensstil und die Fitness zu verbessern.“ So werden die Uhren unter anderem mit Aktivitätserfassung, einem Fitness-Sensor und einem Schlafphasenwecker ausgestattet sein. Die Uhren sollen im Vergleich zur Apple Watch, die täglich eine neue Aufladung benötigt, eine längere Laufzeit haben. Die Batterielebensdauer von Frédérique Constant und Alpina beträgt zwei Jahre.
TAG Heuer – in den Startlöchern


Jean-Claude Biver, als Uhrenchef der LVMH u. a. auch für TAG Heuer und Hublot verantwortlich, äußert sich kritisch zu den Smartwatches der Elektronik-Riesen. Die Apple Watch ist definitiv eine Bedrohung für traditionelle Armbanduhren im Preissegment unter 2.000 USD, so Biver. Vielleicht sogar die größte Bedrohung, die bald im Handel ist. Aus diesem Grunde arbeite er seit 2014 an einer Smartwatch für TAG Heuer, die bereits dieses Jahr auf den Markt kommen soll. Das Modell soll im Gegensatz zur Apple-Variante eine maskuline Optik haben und ohne Touchscreen auskommen. Man darf auf die Premiere in Basel gespannt sein.
Swatch – Technologie Know-how


Noch vor einem Jahr sagte Nick Hayek, dass er nicht an den Erfolg der Smartwatch glaube und vertrat die Meinung, dass diese keine Revolution in der Branche bewirken würden. Ganz möchte der Swatch-Chef dieses Geschäft jedoch nicht an sich vorbei ziehen lassen. In einem Interview Ende Jänner meinte er: “Smartwatches sind kein Risiko-Geschäft, sondern eine Riesen-Chance, da sie herkömmliche Uhren nicht ersetzen, sondern neue Märkte eröffnen“. Hayek tritt mit seinem Statement gegen Apple an und hat gute Erfolgsaussichten. Der Schweizer Konzern möchte ebenfalls ein Stück vom Hightech-Kuchen abbekommen und will dieses Frühjahr zeitgleich mit Apple eine Smartwatch, mit der Optik eines traditionellen Zeitmessers, auf den Markt bringen. Swatch kann auf jahrzehntelange Erfahrung mit der Entwicklung von Technologien, die für Smartwatches verwendet werden können, zurückblicken. Tissot, eine Marke des Konzerns, hat mit der T-Touch bereits seit 1999 Uhren mit einem berührungsempfindlichen Display im Programm.
Anfang März präsentierte Swatch die Swatch Touch Zero One. Bei dieser Uhr handelt es sich um eine interaktive Fitnessuhr mit verschiedenen Beach-Volleyball-Funktionen, die vor allem für Sportler interessant sind. Ein integrierter Step Counter zählt die Schritte, ein Power Hits System, zeigt an wie fest man den Volleyball wirft und ein Power Claps Zähler, zeigt an wie sehr das Publikum mitklatscht. Eine Smartwatch im eigentlichen Sinne ist es jedoch nicht. Sie lässt aber auf das zukünftige Design und die möglichen Funktionen schließen.
Guess – Mode trifft Alltagstauglichkeit


Auch die Trendmarke Guess entwickelt gerade mit Guess Connect eine eigene Smartwatch. Das Unternehmen kooperiert mit dem bekannten kalifornischen Systementwickler Martian Watches. Bei dieser Uhr handelt es sich ebenfalls um eine Hybridform, die im Fachhandel erhältlich sein wird. Das Gerät lässt sich unkompliziert via Bluetooth mit dem Android- oder iOS-Mobiltelefon verbinden. Durch die integrierte Sprachsteuerung soll die Bedienung vereinfacht werden. Als Designvorlage dienten die erfolgreichen R igor-Modelle. Die verwendete Martian-Technik kann aktualisiert und ausgetauscht werden. Dadurch sollen Guess-Connect-Uhren über Jahre hinweg auf dem neuesten Stand bleiben.
Mondaine – Horological Smartwatch


Die neue Mondaine Helvetica No 1 Bold Smart bietet ähnliche Funktionen und Zifferblattaufteilung wie die Wearables von Frédérique Constant und Alpina. Denn hier wird wird ebenfalls das System von MotionX verwenden. Im neuen Modell kommt die traditionelle Quarztechnologie zum Einsatz. Zusätzlich beinhaltet die Uhr einen Activity Tracker, der unter anderem Schritte zählen kann.
Fossil Group – setzt auf bekannte Designer


Die Fossil Group geht davon aus, dass sich die technisch raffinierten Uhren nur in Verbindung mit einem klassischen Design durchsetzen werden. Aus diesem Grund arbeitet die Fossil Group nun mit bekannten Designern wie Tory Burch, Karl Lagerfeld oder Michael Kors zusammen, um Smartwatches zu entwickeln, die vor allem optisch bestechen sollen. Diese Uhren sollen als Fashion-Must-Have auf dem Uhrenmarkt positioniert werden.

Bulgari – Intelligent Watch

Die Diagono Magnesium ist die erste Konzeptuhr, die vollkommene Sicherheit für persönliche Daten garantiert. Die neue Uhr von Bulgari steht im kompletten Kontrast zu den sogenannten „Connected Watches“: Sie verspricht als mechanische Uhr mit Automatikaufzug Sicherheit. Die Uhr trägt einen elektronischen Sicherheitsschlüssel in Form eines Chips in sich. Dieser verbindet den Zeitmesser direkt mit ihrem Träger, dessen vertrauliche Daten höchstem Schutz unterliegen. Dieser intelligente „Tresor für das Handgelenk“ ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen Bulgari und WISeKey, einem führenden Schweizer Unternehmen, das auf digitale Sicherheit und Datenspeicherung spezialisiert ist.
Die Gefahren der Smartwatches


Die Problematik von Produkten der sogenannten „First Generation“ sind spätestens seit dem iPhone oder iPad bekannt. Auch die Einführung der Smartwatches wird mit einigen Kinderkrankheiten verbunden sein. Durch die Abhängigkeit von hochkomplexen Betriebssystemen, notwendigen Updates und variablen Akkulaufzeiten sind die neuen Uhren anfälliger für Fehler und Systemabbrüche als eine mechanische Uhr. Vergleicht man das erste iPad mit dem iPad Air, so werden die Generationsunterschiede deutlich. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die Minicomputer für einen langjährigen Gebrauch ausgelegt sind, oder ob sie mit jedem nötigen Update langsamer werden, wie man es selbst von namenhaften Mobiltelefonen kennt.
Was sagt der Kunde


DERJUWELIER.at hat bei Konsumenten nachgefragt. Die Ergebnisse zeigen, dass diese geteilter Meinung sind. Weibliche Kunden sind eher abgeschreckt von einer Hightech-Uhr. Sie sehen Zeitmesser als Accessoire, das passend zum Outfit gestylt wird. Die männlichen Befragten zeigten reges Interesse an den einzelnen Funktionen. In puncto Design waren sich jedoch alle einig: Die Optik der Apple Watch überzeugte nicht, da sie zu sehr einem kleinen Computer ähnelt, als einem klassischen Zeitmesser.
Fazit


Die smarten Uhren von Apple, LG und Samsung bringen die traditionelle Uhrenindustrie in Bedrängnis. Noch zu frisch sind die Wunden, als die Quarzuhr, in den frühen 70er Jahren, eine Revolution startete und viele mechanische Uhrenhersteller das Nachsehen hatten. Bei der Einführung der Smartwatch hat die Branche hingegen schnell reagiert und zielgerichtet an einem Produkt gefeilt, das Apple & Co. das Wasser reichen kann.
Viele Konsumenten werden sich mit dem gewöhnungsbedürftigen Design der Smartwatches von Apple, Sony, Samsung und LG derzeit nicht anfreunden können. Sie finden beim Juwelier gelungene Modelle von Alpina, Swatch oder Montblanc im klassischen Uhrendesign. Durch die Hybride hat der Fachhandel eine attraktive Alternative zu den neuen Minicomputern in petto und kann seinen Kunden ein zeitgemäßes und elegantes Produkt anbieten. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass Uhren nun wieder in aller Munde sind. Durch die neuen Smartwachtches zeigt ein jüngeres Publikum mehr Interesse an Zeitmessern. Dies ist für die Branche sehr positiv zu bewerten ist. Die Diskussion um die Smartwatch muss keine negative bleiben, sondern kann vom Juwelier als Chance gesehen werden. Der Fachhandel kann vom technischen Fortschritt und der neuen Errungenschaft „Smartwatch“ auch profitieren. Durch einschlägiges Know-how und erstklassigen Service ist es dem Juwelier durchaus möglich, Elektronik-Big-Playern wie Apple die Stirn zu bieten. Auch wenn die Apple Watch (noch) die bekannteste Smartwatch der Stunde ist, andere Anbieter sind ebenfalls bereits auf dem Markt – mit interessanten Alternativen. Das Segment der intelligenten Uhren kommt aus der Nische heraus und wird ein Thema der breiten Masse.

Wir haben die Giganten Rolex und LG gegeneinander antreten lassen.

Lesen Sie hier mehr dazu.

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