Kommentar zur Luxusstudie von Morgan Stanley

Zur Morgan Stanley-Studie kommentiert Ulrich Voß, Chefredakteur „Blickpunkt Juwelier“.


Rumms! So schonungslos hat noch keiner den Juwelier angezählt. Die Unternehmensberater von Morgan Stanley haben in ihrer neuesten Studie (siehe hier) dem Juwelier das halbe Uhrengeschäft weggerechnet. Heute läge der Umsatzanteil des Verkaufs von Luxusuhren zu 88% beim Juwelier, in zehn Jahren sollen es nur noch 45% sein. Dies wäre heftig. Und wenn es „nur“ 60% sind, wird es nicht weniger dramatisch. Denn schon heute berichten Top-Juweliere abseits der Touristenhochburgen, dass das Business kaum ertragreich ist. Seit Rolex die Marge gekürzt und seine Liefermengen reduziert hat, könne man mit dem Zugpferd kaum noch andere Marken mitziehen. Sprich: Jede Marke muss für sich selbst funktionieren. Und dies ist bei derzeitigen Anforderungen an den Juwelier kaum zu schaffen. Wenn schon Tissot (mit einem Durchschnittsverkaufspreis von 615 Euro, Morgan Stanley, 2017) bei Durchschnittsjuwelieren durch hohe Abnahmemengen kaum Ertrag abwirft, wie sieht dann erst die Ertragssituation bei Luxusmarken aus. Beispielsweise bei Cartier (5.000 Euro Durchschnittsverkaufspreis), Jaeger-LeCoultre (10.000 Euro) oder Hublot (18.000). Diese Marken schleppen derzeit im Verkauf, behalten aber ihre strengen Vorgaben bei.

Aus Sicht der Hersteller ist die Prognose von Morgan Stanley motivierend, die Konsequenzen glasklar. Wer überleben möchte, macht die Geschäfte künftig selbst. Audemars Piguet lässt grüßen. Sie haben schon angekündigt, in drei bis fünf Jahren nur noch exklusiv verkaufen zu wollen und nicht mehr beim Multibrand-Händler. Sprich: Noch nicht mal Bucherer in Touristenregionen, sondern bestenfalls Bucherer als Boutiquen-Betreiber.

Aus Sicht deutscher Einzeljuweliere fallen die Zukunftsprognosen noch düsterer aus. Denn Morgan Stanley hat den globalen Markt untersucht. Wenn aber, wie von Bain & Company prognostiziert, der Anteil der chinesischen Käufer in den kommenden sechs Jahren von derzeit einem Drittel auf die Hälfte steigt, bleibt für den deutschen Händler ohne chinesische Käufer noch weniger übrig. Denn es ist nicht anzunehmen, dass die Bucherers, Rüschenbecks, German Styles oder Travel Retailer ihr Engagement und ihre Professionalität bei der Akquise von chinesischen Touristen herunterschrauben werden.

Was dem Juwelier bleibt ist eine klare Analyse und die darauf folgende Strategie, wie man Stammkunden halten und neue Kunden gewinnen kann. Um Uhren wird es dabei sicherlich nicht mehr in so großem Umfang wie in der Vergangenheit gehen. Vielmehr um Schmuck. Um Luxus allgemein. Um Service als Kundenbindung. Um Alleinstellungsmerkmale. Um Mehrwert…. Es gibt ein Leben nach dem Rumms!

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