Stephan Hebink über den Concept-Store VJU im Interview

Daniel Wellington, Cluse, Rosefield, Paul Hewitt, Kapten & Son: Stephan Hebink, Geschäftsführer vom Concept-Store VJU Hannover, hat sie alle. Sogar die schlichten Uhren von Liebeskind. Ein Gespräch über unterschiedliche Zielgruppen und Erfolg ohne Konzernware.


Blickpunkt Juwelier: Warum bieten Sie fast ausschließlich dieses Design an?
Stephan Hebink: Weil es das ist, was unser Kunde heute verlangt. Wir bedienen eigentlich überwiegend Mädchen oder Damen,und sie wollen das reduzierte Design. Es ist nicht mehr der Look beispielsweise der Fossil-Group.

BJ: Haben sich die arrivierten Marken vom Konsumentenwunsch entfernt?
HEBINK: Ja, sie haben sich wegbewegt, vielleicht weil sie nicht ganz verinnerlicht haben, dass sich da etwas verändert hat auf dem Markt. Es ist ja nicht mehr so, dass das Produkt auf den Markt kommt und dem Konsumenten vermittelt, wie der Trend auszusehen hat. Es hat sich komplett gedreht. Bei alten, angestaubten Couture-Marken wie Balmain fällt mir auf, dass die Designer mittlerweile in angesagte Clubs gehen, beobachten und das Gesehene dann in ihren Kollektionen umsetzen. Die Marke liefert dann nicht mehr das, was man erwartet. Letztlich gibt der Konsument vor, was er gut findet, und legt damit den Trend fest.

BJ: Warum haben Sie dann von einem Look fünf Marken? Gibt es fünf Geschmäcker?
HEBINK: Es ist wie bei der Jeans. Wenn jemand eine Marke gefunden hat, die er cool findet, dann kauft er auch nur die.

BJ: Auch wenn die Passform von Tommy Hilfiger ähnlich der von Hugo Boss sein sollte?
HEBINK: Auch dann. Wenn er sich mit einer Marke in irgendeiner Form identifiziert hat, kauft er nur die. Ich schaffe es beispielsweise nicht, den Daniel Wellington-Kunden auf Cluse zu bringen oder von Cluse auf Rosefield. Es ist letztlich eine reine Gefühlsfrage des Kunden.

BJ: Sind die Zielgruppen unterschiedlich?
HEBINK: Die Zielgruppen sind ähnlich, wie bei den Jeans. Aber die Markenfixierung ist vorhanden.

BJ: Und hätten Sie Cluse nicht, würden Sie ein Fünftel weniger Umsatz machen?
HEBINK: Ich würde auf jeden Fall weniger Umsatz machen.

BJ: Unterscheidet sich die Cluse-Kundin von der Rosefield-Kundin?
HEBINK: Die Cluse-Kundin ist die coolste. Ihr Look ist sehr reduziert. Sie kauft beispielsweise bei COS. Die Rosefield-Kundin ist vielfältiger und findet mehr Styles gut. Bei Daniel Wellington merkt man den starken Einfluss des Influencers Cameron Dallas mit seinen 20 Millionen Instagram-Followern. Da gibt es viele Fans von ihm, die dann auch die Uhren von Daniel Wellington gut finden. So hat jede Marke ihr eigenes Social Media-Profil.

BJ: Würden Sie eine dieser Marken nicht haben, könnten Sie auch nicht diese Kunden ansprechen.
HEBINK: Ja, richtig. So wie ich es nicht schaffe, einem Cluse-Fan eine Rosefield-Uhr zu verkaufen.

BJ: Fünf Uhrenmarken bedeuten auch fünf Lager. Wie gehen Sie vor, damit Ihr Waren-lager nicht zu groß wird?
HEBINK: Wir schauen einmal in der Woche, was fehlt. Dann bestellen wir nach. Mit einer Ausnahme sind die fünf Marken gut sortiert und haben rund 95 % ihrer Uhren lagernd. Auch durch die B2B-Shops der Marken haben wir die Uhren innerhalb von zwei Tagen im Geschäft. Ich habe also keine großen Lücken und muss mir auch kein großes Warenlager aufbauen.

BJ: Haben Sie ein Unterlager?
HEBINK: Nein.

BJ: Bei keiner Marke?
HEBINK: Nein, bei keiner Schmuck- und Uhrenmarke. Lediglich bei den Taschen und Rucksäcken kann ich aus Platzgründen nicht jede Farbe dekorieren. Auch gibt es dort ganz andere Orderrhythmen.

BJ: Sie waren ja früher klassischer Juwelier. Haben Sie auch die Ice-Watch-Zeiten mit den großen Lagern mitbekommen?
HEBINK: Oh ja. Ich war sogar im Außendienst für Ice-Watch tätig.

BJ: Haben Sie aufgrund dieser Erfahrungen heute kein Unterlager mehr?
HEBINK: Bisher hatte ich das Glück, dass ich immer gemerkt habe, wenn eine Marke nicht mehr so richtig funktioniert, und ich rechtzeitig „stopp“ sagen konnte. Ich habe also nicht den Fehler gemacht, wie viele meiner Kollegen, die glauben, dass Fossil noch die nächsten 20 Jahre gut funktionieren wird, so wie es in der Vergangenheit war.

BJ: Haben Sie nicht Bedenken, dass Ihnen die Fossil-Zielgruppe verlorengeht?
HEBINK: Die kann woanders einkaufen. Die findet ohnehin Möglichkeiten, das irgendwo günstiger zu bekommen. Gegen Amazon-Preise kann ich gar nichts machen. Selbst wenn ich die größte Fossil-Auswahl in meinem Geschäft hätte, würde der Kunde trotzdem nachfragen, ob ich zu Amazon-Preisen verkaufe. Und das kann ich nicht.

BJ: Ist der Rabattwunsch bei Wellington & Co. geringer?
HEBINK: Die hohen Rabatte gibt es da nicht. Es sind keine 40, keine 30, sondern eher 10 oder mal 15 %. Vielen Kunden ist ein Nachlass egal. Es geht bei diesen Produkten stark um Begehrlichkeit. Wenn die Kunden diese Uhr wollen, dann gleich und nicht erst in zwei Tagen.

BJ: Wäre der Konsumentenwunsch bereits zu dem Zeitpunkt befriedigt, zu dem er auf Amazon bestellt?
HEBINK: Das glaube ich nicht. Es geht beim Uhrenkauf auch um Emotion. Wir versuchen, den Kunden ein Einkaufserlebnis zu geben. Etwas anderes steht uns ja gar nicht zur Verfügung. Außer Emotion können wir dieser Marktentwicklung nichts entgegensetzen.

BJ: Sollte eine Marke nicht gut laufen. Wie gehen Sie vor?
HEBINK: Dann fliegt sie raus und wird durch eine andere ersetzt oder eine andere wird stärker forciert. Wir müssen noch nicht mal Logos von den Möbeln kratzen, weil wir gar keine Logos zeigen.

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