Breitling: Meisterstück oder Niederlage?

Georges Kern hat des Öfteren bewiesen, dass er ein Marketing-Künstler ist, der schon einigen Marken zu Ruhm verholfen hat. Wird er es auch bei Breitling schaffen – und wird das sein Meisterstück oder muss er hier zum ersten Mal eine Niederlage einstecken?


Schon als bekannt wurde, dass Georges Kern der neue Chef und Mitbesitzer von Breitling ist, war klar, dass sich von nun an wohl einiges ändern wird. Doch mit welchen Hilfsmitteln soll das geschehen? Schlanker, schneller, digitaler, asiatischer und jünger soll die Traditionsmarke werden. Und das möglichst rasch. Denn der neue Breitling-Mehrheitsbesitzer CVC hat rund 800 Mio. Dollar für einen Anteil von 80 % auf den Tisch gelegt. Eine stolze Summe – zumal es sich um ein Unternehmen handelt, das nur knapp im Ranking der zwanzig größten Schweizer Uhrenmarken landet und häufig mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten Schlagzeilen machte.

Online als neues Zugpferd

Unter anderem soll Kern gerade dabei sein, eine schlagkräftige Online-Truppe aufzubauen. Denn der Marketing-Experte weiß: Ohne einen vernünftigen Online-Auftritt findet eine Marke heute eigentlich nicht statt. Und das gilt vor allem für eine junge Zielgruppe. Auch in Sachen E-Commerce soll auf- und ausgebaut werden. Kerns Credo: „Der Kunde wird seine Uhr kaufen wo er will und wann er will.“ Das ist ihm bei IWC bestens gelungen – die integrierte Omnichannel-Distribution beweist das. Außerdem sollen Büroräume in Zürich angeworben werden – für die Digital-Cracks, die wohl lieber in der Großstadt arbeiten, als im beschaulichen Grenchen. Das Headquarter – und das betont Unternehmenssprecherin Charlène Reynaud – wird aber in Grenchen bleiben. Böse Zungen behaupten, dass auch er, Kern, lieber in Zürich sein Büro haben wolle, als in Grenchen.

Weniger ist mehr – aber nicht immer

Eine weitere Baustelle wird die Ausdünnung der breiten Modellpalette sein. Kern hat bei IWC gezeigt, wie es geht. Schließlich lebt die Schaffhauser Manufaktur zu drei Vierteln von zwei Modellreihen – der Portugieser und der Pilot. Ähnliches wird Kern für Breitling in Plan haben. Diese Modelle sollen dann das Unternehmen tragen. Apropos weniger ist mehr … in Sachen Werbeauftritt und Darstellung der Marke dürfte sich Kern wohl nicht an diesen Slogan halten. Denn die meist stark sexuell aufgeladene Darstellung von Frauen bei Breitling-Events oder auch in Werbespots, ist kaum zu übersehen. Die „Handelszeitung“ schreibt dazu: „… Die Bilder vom Event erinnern daher eher an eine Erotikmesse als an die Veranstaltung einer Luxusmarke in einer globalen Metropole. Die Peinlichkeit war selbst dem US-Wirtschaftsmagazin ‚Forbes‘ einen für Breitling wenig erbaulichen Bericht wert.“

Was wird Kern bei Breitling schaffen? Er hat bewiesen, dass er eine Uhrenmarke wieder zu neuem Leben erwecken kann. Schließlich hat er TAG Heuer aus der Versenkung geholt und auch IWC groß gemacht. Breitling wird sein bislang wohl härtester Job – der entweder zum Meisterstück wird oder seine erste Niederlage.

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